Kinderkrankheiten, Kolonialwaren und der Zahnarzt

Der Arzt diagnostiziert beim einjährigen Mädchen virales Dreitagesfieber, das Sommerfieber, wie er sagt. Also keine Kinderkrankheit wie Masern oder Röteln . Welche Bilder tauchen in uns Erwachsenen auf, wenn wir versuchen, uns an unsere Kinderkrankheiten zu erinnern?
Schwester und Bruder hatten die Masern und mussten für Tage das Bett hüten. Damit uns nicht langweilig wurde, zog die Schwester in mein Zimmer, was wir beide lustig fanden. Und wir erhielten die ersten Bananen in unserem Leben – es war in den Fünfzigerjahren des letzten Jahrhunderts, als es zwar noch Kolonialläden gab, aber für uns üblicherweise keine dieser sehr teuren Bananen. Später wurden die Mandeln operiert, worauf es im Spital in Zürich jede Menge Glacé gab! Um ein Asthma auszukurieren, schickte man den Jungen zur Kur in die Alpen. Eines Nachts wurde er mit Sirenengeheul und Blaulicht ins Spital Weesen transportiert, worauf er mächtig stolz war. Verdacht auf Kinderlähmung. Die Schwestern dort waren Ordensschwestern in langen, schwarzen Gewändern mit gewaltigen Kopfhauben. Der Junge durfte auf einer von der Nonne von Hand gestossenen Glanzmaschine übers Parkett sausen, was ihn laut jauchzen liess. Im Übrigen waren immer nur die andern krank, brachen sich einen Arm oder hatten dauernd das Nasenbluten. Selbst war man ja unverwundbar und unsterblich, klar doch! Oh, beinahe hätte ich den Zahnarzt vergessen – das war schon die unangenehmste Figur während der ganzen Kindheit.
Das fand offensichtlich auch Friedrich Kracke, der bei Wilhelm Busch seine Zahnschmerzen mit Rauch, Schnaps und vielen andern Mitteln zu bannen versuchte, und erst
Zuletzt fällt ihm der Doktor ein.
Er klopft. – Der Doktor ruft: „Herein!“
Und was nun geschah, das muss man sich schon in Buschs Bildern anschauen! (Wilhelm Busch: Münchener Bilderbogen: Der hohle Zahn) Der Zahnarzt raucht da eine fast bodenlange Pfeife während der Behandlung, was mich doch sehr an seinen späten Kollegen aus dem Zürcher Oberland erinnert, der jeweils seine Brissago am Flämmchen neben dem Behandlungsstuhl wieder anzündete.
Was für Erinnerungen an Zahnärzte oder Krankheiten in früher Kindheit – oder an Kolonialwaren – haben wohl andere Bewohner im Eschberg? Ich freue mich auf Eure Erzählungen.

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