Wieder einmal ertönen die Kriegstrommeln. Zwar von sehr weit her, doch ist die Welt so klein geworden, dass man sich fragt, ob man sich nicht doch fürchten müsse, wenn Nordkorea dermassen wild trommelt, wenn Japan mitten in Tokio Raketen aufstellt, wenn wieder einmal Grenzen geschlossen werden. Da möchte man mit Friedensbewegungen laut rufen:
„Stell Dir vor, es kommt Krieg und keiner geht hin!“
Ich verstehe kein Koreanisch, aber das Bild und der Tonfall der koreanischen Fernsehsprecherin, wenn sie die USA beschimpft, lässt keinen Zweifel daran, dass Nordkoreaner hingehen werden, wenn es ihnen befohlen wird. Da können wir noch so sehr von einem leeren Schlachtfeld träumen oder von lächerlichen Offizieren, denen die Soldaten den Gehorsam verweigern.
„Stell Dir vor, es kommt Krieg und keiner geht hin!“ So malten es Bewegte in den Sechziger Jahren an Betonwände. Aber der Satz ist nur die erste Zeile eines Gedichts. Die zweite wird nie zitiert:
Stell Dir vor, es kommt Krieg und keiner geht hin
dann kommt der Krieg zu euch!
Wer zu Hause bleibt, wenn der Kampf beginnt,
und lässt andere kämpfen für seine Sache,
der muss sich vorsehen:
Denn wer den Kampf nicht geteilt hat,
der wird teilen die Niederlage.
Nicht einmal Kampf vermeidet,
wer den Kampf vermeiden will:
Denn es wird kämpfen für die Sache des Feindes,
wer für seine eigene Sache nicht gekämpft hat.
Das Gedicht stammt von Bert Brecht. Natürlich hat Brecht in diesem Text aus den Fünfziger Jahren recht: Man muss für seine Sache einstehen; was man als gerecht und richtig eingesehen hat, was uns menschlich dünkt und unsere Freiheit sichert, was Menschen hilft, was gut ist: dafür soll man einstehen. Aber muss es denn immer wieder gleich Krieg sein?
Es kann der Frömmste nicht in Frieden bleiben, wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt!
Das ist schon viel älter, nämlich von Schiller aus dem Wilhelm Tell; in dieser Saison zu hören im Schauspielhaus Zürich.
Auch aus alter Zeit stammen Klagelieder über den Krieg. Matthias Claudius:
`s ist Krieg! `s ist Krieg! O Gottes Engel wehre,
Und rede du darein!
`s ist leider Krieg – und ich begehre
Nicht schuld daran zu sein!
Es bleibt die Hoffnung, dass der Kampf diesmal nicht wirklich beginnt.