Weihnachten

Georg Christoph Lichtenberg (1742 – 1799) habe ich auf der Eschberg-Homepage schon mehrmals zitiert. Für einen Beitrag zur diesjährigen Adventszeit suchte ich im „Register zu den Sudelbüchern I + II“ nach dem Stichwort „Weihnachten“. Vergebens. Dieses christliche Fest war dem Mathematiker, Experimentalphysiker und Aphoristiker keiner Erwähnung wert. Es dürfte ja im 18. Jahrhundert, als die ersten Christbäume* aufkamen, auch kaum Weihnachtsmärkte unserer Art gegeben haben! Kerzenlicht wohl schon, doch keine bunt blinkenden Lämpchengirlanden und Fassaden kletternde Weihnachtsmänner. Ganz anders verhält es sich hingegen, was das Stichwort „Religion“ betrifft.

Seine Bemerkung im Sudelbuch I (L 705) habe ich bereits zu Beginn dieses Jahres, nach den Anschlägen auf Charlie Hebdo zitiert:
Ist es nicht sonderbar, dass die Menschen so gerne für die Religion fechten, und so ungerne nach ihren Vorschriften leben?
Und ist dies nach den neuerlichen Anschlägen in Paris und der nunmehr anhaltenden Kriegsrhetorik vieler Staatsführer etwa nicht mehr aktuell?

Ist allenfalls das Erstarken von fundamentalistischer Religion (nicht nur der islamischen Art) der Gleichgültigkeit wohl der Mehrzahl unter uns Zeitgenossen zu verdanken? Georg Christoph Lichtenberg sagt dazu in aller Kürze und Schärfe:
Die Religion ist eine Sonntags-Affaire“. (I L 368)

Als bedenkenswert empfinde ich auch aus dem Sudelbuch II (H 26):
Das eigentlich Christliche in unserer Religion ist die Seele aller Religion, das übrige ist Körper. Vom schönsten Griechen bis zum Neger ist alles Menschen-Race.“ Damit mag zwar Lichtenberg der modernen political correctness Hohn sprechen, aber Recht hat er alleweil.

 

* Bei Johann Peter Hebel (1760 – 1826) wäre ich bei der Suche nach „Weihnachten“ oder „Christbaum“ durchaus fündig geworden:

Verwach mer nit, verwachmer nit!
Di Muetter goht mit stillem Tritt,
sie goht mit zartem Muetter-Sinn,
und holt e Baum im Chämmerli d´inn.

Was henki der denn dra?
Ne schöne Lebkueche-Ma,
ne Gitzeli, ne Mummeli
und Blüemli wiiß und roth und gel,
vom allerfinste Zucker-Mehl.

Das sind Verse aus seinem Gedicht „Die Mutter am Christabend“ aus den Alemannischen Gedichten.

Ein Gedanke zu „Weihnachten“

  1. Den Christbaum hat also Hebel schon gekannt – aber von Kerzen ist nicht die Rede. Scheint mir selbstverständlich: Kerzen stellten wohl die normale Beleuchtung dar. Zudem musste zuerst eine Technik zu deren Befestigung entwickelt werden. Und trotzdem: wenn ich mich frage, was unabdingbar zu einem Christbaum gehört, dann sind es für mich die Kerzen, nicht Kugeln und anderer Schmuck. Emil

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