Einmal mehr: virtuell oder analog?

Es ist wieder einmal soweit, wir drei Freunde bekochen uns gegenseitig und verbringen einen gemütlichen Abend, reden über die nicht anwesenden Freunde, erinnern uns an gemeinsame Erfolge und Misserfolge, geniessen die Crostini al Pomodoro, die Blanquette de veau samt Peperonata und die Wähe mit Äpfeln vom eigenen Baum. Ferienpläne sind natürlich auch ein Thema, aber auch unsere Ansichten über die Bücher, die wir gelesen haben und die Absichten über zukünftige Lektüre. Da sagt mein Freund, er fahre nächstens wieder «auf die Insel» – wo seine Familie offenbar ein Haus besitzt – und da nehme er den Gottfried Keller mit. «Habe seine sämtlichen Werke gestern heruntergeladen.» Was das wohl gekostet habe? 1 Franken!

Ich selbst beteilige mich noch an «Gesprächen über Literatur» mit ehemaligen Berufskollegen. Etwa sechsmal pro Jahr diskutieren wir Werke, die wir gemeinsam ausgewählt haben, unter Anleitung eines Literaturwissenschaftlers. Meistens lesen wir erst kürzlich erschienene Werke wie beispielsweise Mobbing Dick oder Raunächte oder Die Ladenhüterin. Nächstens aber soll es Martin Salander von Gottfried Keller sein. «So ein altes Ding?» In welcher Ausgabe? Reclam wäre am billigsten. «Der Druck ist so klein, so mühsam!» Modern ist die Ausgabe aus der Kollektion Nagel & Kimche aus dem Jahr 2003, herausgegeben von Peter von Matt und versehen mit einem Nachwort von Peter Bichsel. Wir entscheiden uns dafür, und ich erstehe das Buch für Fr. 36.90.

Soll ich das kommentieren oder wollen Sie sich melden? [Man könnte ja auch das Gewicht zwischen E-Reader und Print vergleichen oder der Frage der ökologischen Nachhaltigkeit nachgehen.]

Ach was! Das Kalbfleisch war auch nicht billig. [Für drei Personen 600 g von der Schulter. Fleisch essen? Heutzutage??] Und kochen und essen und geniessen ist vorläufig noch immer nur analog zu haben.

Gottfried Keller. Martin Salander
Tom Zürcher. Mobbing Dick. Salis Verlag. Zürich. 2019
Urs Faes. Raunächte. Insel Bücherei. 2018
Sayaka Murata. Die Ladenhüterin. Aufbau Verlag. 2018

 

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