Festtage

Mit Weihnachten jährt sich nun zum ersten Mal ein hohes Fest, seit wir im Eschberg wohnen. Weihnachten 2006 war die Premiere, Weihnachten 2007 ist nun erste Wiederaufnahme, aber erst ab Weihnachten 2008 droht dann so nach und nach die Routine. Immerhin lassen sich schon Vergleiche ziehen: Das Wetter ist bisher nicht weihnächtlicher als letztes Jahr. Die Weihnachtsbeleuchtungen und –dekorationen sind übers Jahr üppiger geworden, heller und farbiger. Die Fassaden kletternden Weihnachtsmänner grösser und gewichtiger. Leises, warmes Kerzenlicht flackert da und dort scheu gegen die elektrische Konkurrenz an. Rentiere mit dem Juleman, der so sehr unserem Samichlaus gleicht, kommen offenbar ohne Engel aus. Dabei formuliert auch die neu übersetzte Zwinglibibel noch heute:

„Und es geschah, während sie dort waren, dass die Zeit kam, da sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Futterkrippe, denn in der Herberge war kein Platz für sie. Und es waren Hirten in jener Gegend auf freiem Feld und hielten in der Nacht Wache bei ihrer Herde. Und ein Engel des Herrn trat zu ihnen, und der Glanz des Herrn umleuchtete sie, und sie fürchteten sich sehr. Da sagte der Engel zu ihnen: Fürchtet Euch nicht! Denn seht, ich verkündige Euch grosse Freude, die allem Volk widerfahren wird: Euch wurde heute der Retter geboren, der Gesalbte, der Herr, in der Stadt Davids. Und dies sei Euch das Zeichen: Ihr werdet ein neugeborenes Kind finden, das in Windeln gewickelt ist und in einer Futterkrippe liegt. Und auf einmal war bei dem Engel die ganze himmlische Heerschar, die lobten Gott und sprachen: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden unter den Menschen seines Wohlgefallens.“
(Lukas 2, 6 – 14)

Oh, und dann, am 6. Dezember, abends, kamen Samichlaus und Schmutzli leibhaftig, aber sehr, sehr klein gewachsen auch ins Haus Nr 14, hatten ein grosses, grosses Buch und schöne Geschenke, Grittibänzen, Nüssli und Schöggeli!. Schmutzli schwenkte seine Fitze, musste sie aber nicht gebrauchen!

Und dann wird Neujahr.
Hüt isch Silväschter und morn isch Neujahr.
Grossvatter gib mer än Batze, susch zupf di a de Haar.

Mal sehen, ob das gemeinsame Anstossen auf dem Spielplatz zur schönen Gewohnheit wird. Letztes Jahr, man erinnert sich sicher, geschah dies in fröhlicher Stimmung in strömendem Regen. Falls es aber dieses Jahr nicht dazu kommen sollte, so wünschen wir von Haus 14 halt schon heute, wenn auch nur virtuell, allen Nachbarinnen und Nachbarn, allen Bewohnern der Siedlung im Eschberg Mut und Kraft und Glück und Segen für ein Neues Jahr.

 

 

Pendeln, Wandern und Lernen. Ein bisschen Statistik

Laut Historischem Lexikon der Schweiz betrug der Wegpendleranteil in Dürnten im Jahr 2000 rund zwei Drittel.
Die bereits erschienen Artikel im Historischen Lexikon der Schweiz sind im Internet unter www.hls.ch abrufbar. So auch der Artikel über Dürnten oder jener über Adolf Guyer-Zeller, den Erbauer der Jungfraubahn und der Uerikon-Bauma-Bahn (Eröffnung 1901). Guyer-Zeller legte ab 1889 ein umfassendes Wanderwegnetz im Oberland an, das noch heute besteht. Also, etwa 66.6 % der Dürntner Einwohner sind Pendler. Und der Dürntnerinnen? Wie viele Pendlerinnen gibt es denn? Und wie viele wandernde Dürntnerinnen und Dürntner jeden Alters? Das Historische Lexikon gibt darüber keine Auskunft. Es ist ja auch kein statistisches Vademecum!

In der Siedlung im Eschberg leben viele Eltern und sehr viele Kinder. Vielleicht interessieren sie sich für die Schulstatistik? In welchem Schulhaus in Dürnten gehen wie viele Kinder zur Schule? Wie hoch ist der Anteil der Lehrerinnen am Lehrkörper? Wie steht es mit der Klassengrösse, dem Ausländeranteil, der Mittelschulquote? Wie alt sind unsere Primarlehrerinnen? Auch über den Sozialindex, den Finanzkraftindex und die Bevölkerungsdichte gibt die Statistik Auskunft. Zu finden unter www.bista.zh.ch . Sie wählen hier „Zahlen & Fakten“, dann „Volksschule“ und „Schulgemeinden“. Die Bildungsstatistik berichtet natürlich nicht nur über die Volksschule, sondern über das gesamte Bildungswesen. Hier als Illustration eine Grafik:

grafik1

Es  gibt auf diesen Internetseiten jede Menge Zahlen & Fakten & Grafiken zum studieren und geniessen. Es sei denn, Sie befänden sich auf einem Wanderweg von Guyer-Zeller oder würden eben mit der Mehrheit gerade pendeln.

Das Pendeln wird uns aus dem Eschberg ja leicht gemacht: Vom Frühstückstisch direkt zur Tiefgarage und ab in den nächsten Stau oder mit wenigen Schritten zur Bushaltestelle und hinein in einen oft bereits vollgepfropften Bus oder per Velo oder zu Fuss zum Bahnhof Bubikon. Je nach Alter und Motivationspegel dauert der Spaziergang zum Bahnhof so zwischen 10 und 20 Minuten. Er führt der Bubikonerstrasse entlang, streift die neue Siedlung im Spitzacker mit ihren blauen asymmetrischen Häusern, führt unter dem Autobahnzubringer und unter der Autobahn zum Restaurant Kreuzstrasse, dann über das Lettenmoos zum Bahnhof. Oft mit Sicht auf Bachtel, Säntis, Speer und Alpen. Frühmorgens bereits ist die Landschaft gefüllt mit dem Rauschen des Verkehrs, Autobahn und Bahn lärmen den Arbeitstag ein, und die Glocke der Kirche Bubikon hat Mühe, sich Gehör zu verschaffen. Kein Wunder bei zwei Drittel Pendlern im Jahr 2000. Heutzutage dürften das ein paar Prozente mehr sein, wenn wir nur schon an die zwischen Bubikon und Dürnten per Velo fröhlich schwatzend oder noch schlaftrunken hin und her pendelnden Sekundarschülerinnen und –schüler denken. Darüber, wie gerne denn Mädchen und Knaben lernen, gibt die Bildungsstatistik keine Auskunft. Ist ja auch nur ein statistisches Vademecum!

Einjähriges Jubiläum

Vor nunmehr einem Jahr sind wir eingezogen in den Eschberg, Ende Oktober 2006, wir vom Haus 14 und 16. Wir waren nicht die ersten – was uns natürlich ein bisschen gewurmt hat, wer ist nicht gern erster? – aber auch nicht die letzten. Beim Einzug herrschte schönes, warmes Herbstwetter, so richtig Altweibersommer, oder, wie die Amerikaner sagen: Indian Summer – aber das ist als Ausdruck ja auch nicht freundlicher. Ich erinnere mich, wir assen mit der ganzen Zügelmannschaft auf dem Sitzplatz heissen Fleischkäse und Kartoffelsalat und genossen die neue Umgebung.

Ein Jahr also ist’s her. Es wurde ein milder Winter, der die Heizung nicht wirklich forderte, der aber doch einige Tage Eishockey hinter dem Damm erlaubte. Es wurde Frühling, Sommer und wieder Herbst. Die Gärten gehorchten der Jahreszeit, die Babys wurden grösser, ihre Stimmen kräftiger, das Tempo der Kleinen auf den Fahrzeugen höher, die Rasenmäher unterstrichen die Gartenidylle, auf dem „Dorfplatz“ gab es ein rauschendes Fest. Und im Nachbarhaus eine Lumpenparty, später irgendwo noch eine Jemakoparty, dann eine Tupperware-Party und nun eine Dessous-Party: Party-time any time!

Noch sieht man in alle Gärten, aber über’s Jahr wird alles ein bisschen zuwachsen, das Leben hier wird routinierter und alltäglicher werden aber hoffentlich noch immer ebenso gemütlich, und die Begegnungen ebenso freundlich und herzlich wie bis anhin.

 

Rabenkrähen

Kurz nachdem die ersten Bewohner in die Siedlung im Eschberg einzogen, wies mich ein Nachbar auf den Lärm hin, welche die Krähen abends zum Besten gaben. In grossen Schwärmen stritten sie sich um die besten Schlafbäume am Eschberg und dem Berenbach entlang. Das wird im Frühjahr wieder aufhören, tröstete ich. Und schrieb dann in der letzten Notiz: „Hört man jetzt im Juni Krähen krächzen, kann man fast sicher sein, dass ein Milan oder Bussard über dem Eschberg segelt.“

Aus Mäck, U. & M.-E. Jürgens, 1999: Aaskrähe, Elster und Eichelhäher in Deutschland. Bundesamt für Naturschutz, Bonn: 252 S:
„Der mitteleuropäische Aaskrähenbestand setzt sich aus zwei Sozietäten zusammen, den territorialen Brutpaaren und den lockere Schwärme bildenden Nichtbrütern. Die Nichtbrüter übernehmen wichtige Funktionen bei der Begrenzung der Populationsdichte: zum Einen stören sie Brutpaare beim Brutgeschäft, so daß bei einer hohen Zahl an umherstreifenden Nichtbrütern der Bruterfolg sinkt. Zum Anderen können die [nichtbrütenden] Nachkommen ihren Eltern bei der Verteidigung deren Reviers und sogar bei der Aufzucht helfen, bis sie sich selbst ein Revier erobern können, dann teilweise mit Unterstützung ihrer Eltern.
Außerhalb der Fortpflanzungszeit nach Auflösung der Familien und der Dismigration der Jungen, aber vor allem während der Wintermonate, verändern die Krähen ihr Sozialverhalten. Es kommt zur Bildung von Schlafplatzgesellschaften mit bis zu über 100 Individuen. „

Raben wird eine sehr hohe Intelligenz attestiert. Die Website
http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,druck-475630,00.html berichtet
darüber auf wirklich lustige und wohl auch wissenschaftlich korrekte Weise.

Der Naturschutzbund Deutschland zu den Rabenvögeln:
http://www.nabu.de/m05/m05_03/00520.html
Da
werden eben in mindestens einem Bundesland Krähen und Elstern der Jagd frei gegeben, was den Naturschutzbund zu Protesten bewegt.

Höchst schweizerisch sachlich gibt sich die Vogelwarte Sempach:
http://www.vogelwarte.ch/

Fündig wird man mit den Suchwörtern Rabe oder Krähe. Übrigens: In Westeuropa bezeichnen wir die Aaskrähe als Rabenkrähe.
Freuen wir uns nach all diesen Informationen auf den nächsten Winter, bis die Jungraben wieder ihre Schwärme am Eschberg bilden. Übrigens: Raben gehören zu den Singvögeln. Singe, wem Gesang gegeben!

 

Im Eschberg wird gefeiert

Wer kennt nicht die Geschichte vom Rattenfänger von Hameln. Dem gelang es ja, alle Kinder hinter sich zu versammeln und sie ins Verderben zu locken. Nun, am ersten Siedlungsfest im Eschberg gelang der Fang der meisten Kinder ebenso mühelos – aber nicht ins Verderben, sondern vor die „Leinwand“ im open air cinéma am Samstag, 25. August 2007. Für einige war das Kino der Höhepunkt eines sehr gelungenen Festes. Andere waren am Sonntagmorgen noch immer – besser: schon wieder – an den Bänken in den Festzelten, diesmal vor Ovomaltine, Tee oder Kaffee.

Mehr als dreissig Kinder sassen bei Einbruch der Dämmerung laut lachend und kommentierend oder stumm, gebannt und fasziniert vor der Garagenwand und genossen das trickreiche Filmgeschehen. Mehr als dreissig? Weiss irgend jemand exakt, wie viele Kinder – sagen wir im Alter von 1 Monat bis 16 Jahre – in der Siedlung im Eschberg wohnen, spielen, lachen, Rad fahren, kreischen, sich freuen und streiten?

Der linke Hausteil besorgt Salziges, Rassiges, der rechte Süsses, Verführerisches. Das Grillgut bringe jeder selbst: Die Formel hat sich bestens bewährt! Bocuse oder Petermann hätten sich anstrengen müssen, um im Vergleich zu bestehen.

Kennst du schon alle? Wer ist der Mann dort im gelben Shirt? Und wo wohnt er? Wer fährt regelmässig Bike? Welchen Zug nimmst denn Du am Morgen?

Und dann der grosse Moment: Am Himmel fuhren bereits ein gutes Dutzend Heissluftballone, und die Eschberger wollten einen weiteren beisteuern – doch rechtzeitig wurde das Abenteuer in eine Feuerwehrübung uminterpretiert. In der Tat: Das Kunstwerk verbrannte, ohne weiteren Schaden anzurichten.

A propos Kunstwerke: Es war ja fast wie am Carneval von Venedig: Ein Kind war schöner, farbiger, lustiger geschminkt, gemalt, als das andere, eine Prinzessin hübscher als die andern, ein Tiger furchteinflössender, ein Cowboy oder Pirat abenteuerlicher als der andere. Ob das jemand fotografisch der Nachwelt hinterlassen hat?

Hasen oder Kaninchen?

In unserer unmittelbaren Nachbarschaft leben einige Hasen. Oder sind es Kaninchen? Die Antwort scheint gar nicht so einfach zu sein.
Die Hasen (Leporidae) sind eine Säugetierfamilie aus der Ordnung der Hasenartigen (Lagomorpha). Von den rund 55 Arten sind wohl der einheimische Feldhase und das Wildkaninchen bzw. dessen Zuchtformen, die Hauskaninchen, die bekanntesten Vertreter.

Manche Gattungen, die Rotkaninchen (Pronolagus) zum Beispiel, werden gelegentlich als „Hasen“, gelegentlich aber auch als „Kaninchen“ bezeichnet. Dennoch lassen sich eine Reihe von Merkmalen anführen, die entscheiden, ob eine Gattung als Hase oder Kaninchen bezeichnet wird:

  • Hasen haben in der Regel längere Ohren und kräftigere Hinterbeine als Kaninchen.
  • Kaninchen graben Erdbauten, während Hasen im freien Feld leben und sich Sassen buddeln, kleine Mulden, die ihn auch vor dem Wind schützen.
  • Neugeborene Kaninchen kommen nackt und blind zur Welt und sind Nesthocker, während neugeborene Hasen ein Fell und offene Augen haben und Nestflüchter sind.
  • Kaninchen ziehen sich bei Gefahr in ihren Bau zurück; Hasen legen sich ganz still in ihre Sasse.
  • Kaninchen leben in Gruppen, Hasen sind Einzelgänger.

Und dann gibt es da ja noch den Osterhasen, meist braun, fast immer aus Schokolade und bestens zum Verzehr geeignet. Von einem Osterkaninchen hat noch niemand gehört.

Kaninchen, ein Mathematiker aus dem hohen Mittelalter und der Goldene Schnitt

Wir hören sehr oft, dass sich etwas „vermehrt wie die Kaninchen“. Wie schnell vermehren sich denn Kaninchen? Die ETH weiss es! Wen es wirklich interessiert, der benutze den folgenden Link:
http://www.math.ethz.ch/fibonacci/VirtuellerBesuch/16

Hier nur das Wichtigste:
Von Natur aus zeugt jedes Kaninchenpaar ein weiteres Paar pro Monat. Dieses wiederum beginnt vom zweiten Lebensmonat an, sich fortzupflanzen.
Um das Problem zu lösen, nehmen wir zum Beispiel an, dass es im November eine gewisse Anzahl Kaninchenpaare gebe, sagen wir 21, und dass es im Oktober 13 gewesen seien. Von den Paaren des Monats November sind somit acht neu geboren worden und daher noch nicht zeugungsfähig. Folglich wird es im Dezember die 21 Paare vom November geben plus die 13 Paare, die von den Kaninchen gezeugt wurden, die bereits im Oktober da waren.
Dies ist immer wahr und folglich muss man – wie Fibonacci beobachtet –, um die Zahl der Kaninchen zu finden, nichts anderes tun, als die Summe zu bilden: der ersten und der zweiten Zahl, also 1 und 1; dann der zweiten und der dritten, der dritten und der vierten, der vierten und der fünften, und so weiter, bis zur Summe der zehnten und der elften Zahl, also 89 und 144, um die Schlusssumme von 233 Kaninchenpaaren zu finden. In dieser Weise kann für beliebig viele weitere Monate fortgefahren werden.

Die Folge 1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, 55, 89, 144, 233, 377, 610, …. heisst heute die Fibonacci-Folge, und die Zahlen, aus denen sie besteht, werden die Fibonacci-Zahlen genannt. Später wurde entdeckt, dass sich die Fibonacci-Folge natürlicherweise in der Natur (zum Beispiel bei Bohnenkeimlingen) und der Kunst findet.

Fibonacci lebte ungefähr von 1170 bis 1240, Genaueres ist nicht bekannt. Er arbeitete eine Zeit lang (ca. 1225) am Hofe Kaiser Friedrichs des Zweiten, jenes deutschen Kaisers, der in Sizilien wohnte und den Künsten und Wissenschaften der arabischen Welt so zugänglich war.

Alles Weitere wie gesagt kann im Internetauftritt des Department of Mathematics der ETH nachgelesen werden – auch, was es mit dem Goldenen Schnitt auf sich hat!

 

 

Die Draisinen unserer Kleinen

In der Siedlung im Eschberg flitzen die Kleinsten und Kleinen virtuos und begeistert auf ihren Laufvelos oder Laufrädern herum. Bei diesen Velos handelt es sich um eigentliche Draisinen, wie in WikipediA nachzulesen ist:

Die Draisine oder Laufmaschine (so auch der vom Erfinder verwendete Name) ist ein einspuriges von Menschenkraft betriebenes Fahrzeug ohne Pedale. Sie wurde vom badischen Erfinder Karl Drais 1817 in Mannheim als Reaktion auf Hungersnot und Pferdesterben entwickelt. Damit war, ohne Vorbild in der Natur, das Zweiradprinzip erfunden und erstmals in ebenem Gelände eine rasche Fortbewegung ohne Pferd möglich. Die Draisine gilt als erster Schritt in der Entwicklung des Fahrrads.“

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Früher, also noch bis in die achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts, war das Erlernen des Velofahrens für Kinder – und für die anstossenden, stützenden und nebenher rennenden Mütter und Väter – eine ziemlich anspruchsvolle und oft angsteinflössende, mindestens aber aufreibend-abenteuerliche Sache. Übrigens helfen die kleinen Stützrädchen, die aus dem Zweirad ein dreispuriges Gerät machen, herzlich wenig in diesem schwierigen Lernprozess, im Gegenteil: Sie verhindern die Entwicklung eines stabilen Gleichgewichtsgefühls für das Fahren auf zwei Rädern. Da sind die modernen Laufvelos schon sehr viel geeigneter. Dieser Rückgriff auf eine Erfindung zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts ist ein wahrer Fortschritt!

 

Es führt ein Spazierweg rund um den Eschberg

Obschon: Berg ist halt wirklich übertrieben. Immerhin: Verlässt man die „Siedlung im Eschberg“ Richtung Bubikon und wählt den Weg zwischen Eschberg und Dürntnerstrasse, erhebt sich rechts tatsächlich ein Hügel, mit Nadelbäumen bewachsen und überragt von einer riesigen Esche. Um diesen Schlafbaum stritten sich im Herbst krächzend Krähenschwärme. Hört man jetzt im Juni Krähen krächzen, kann man fast sicher sein, dass ein Milan oder Bussard über dem Eschberg segelt. Die hohen Pfiffe des roten Milans klingen wehmütig.

Der Weg ist gesäumt von Sträuchern, die den Lärm der Autobahn ein bisschen dämpfen. Hartriegel mit seinem roten Holz, Schwarz- und Weissdorn, Vogelbeere, Pfeifenstrauch, der reinste Lehrgang für einheimisches Gehölz.

Nun folgt man der Autobahn, während rechter Hand der Eschberg hier mit Laubbäumen bestanden ist. Die Hügelform lässt vermuten, dass es sich um einen Drumlin handelt, aber sicher bin ich mir da nicht. (Beim Restaurant Rotenstein übrigens steht eine Informationstafel zur Drumlinlandschaft oberes Glatttal, die im „Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung“ figuriert. Ein Grund, im Rotenstein eine Glacé zu schlecken!)

Lastwagen donnern links vorbei. Stimmt das? Sie lärmen, klar; aber donnern? Ist das nicht viel eher ein Zischen und Brausen, sind das nicht eher Wind- und Abriebgeräusche und Motorenbrummen? Wenn Petrus donnert, tönt es auf jeden Fall anders! Ob Kinder heute in Schulaufsätzen noch immer von donnernden Lastwagen schreiben?

Unterhalb des Rotensteins spaziert man nun die Berenbachstrasse hinunter, hat den Eschberg noch immer zur Rechten, geht auf Teer und achtet auf Autos und Velos, bereit, auszuweichen. Jetzt wird unsere Siedlung hinter dem Berenbach sichtbar, die zwanzig Minuten müssigen Spaziergangs sind vorbei, der Milan segelt plötzlich wieder über mir. Meint sein Pfiff etwa mich? Wohl kaum!

Wer es lieber hat, spaziert den Weg in anderer Richtung und hat dann den Eschberg immer zur Linken! Das erinnert mich an ein Gedicht von Ernst Jandl, was aber mit unserer Siedlung nun ganz und gar nichts, mit Politik aber sehr viel, zu tun hat.

lichtung

manche meinen
lechts und rinks
kann man nicht
velwechsern.
werch ein illtum!

Wohnen wir nun auf dem Land oder nicht?

 Wer nicht in einer Stadt wie Zürich, Regensberg oder Genf wohnt, oder „im Städtchen“ in Grüningen, der ist als Schweizerin oder Schweizer überzeugt, er lebe auf dem Land. Soziologen und Statistiker versichern dagegen, dass fast alle Menschen (ca 70 %) in der Schweiz in städtischen (urbanen) Verhältnissen leben oder eben in Agglomerationen.

Wo leben wir von der Siedlung im Eschberg? In der „Agglo Obersee“, wie auf www.duernten.ch unter „Aktuelles“ zu Beginn des Septembers 2007 nachzulesen ist. Wir wohnen demnach quasi postmodern: an der Dürntnerstrasse in Dürnten. „Im Eschberg“ wäre romantisch gewesen. Auf die Frage: „Woher kommst Du?“ antworten wir nun korrekt postmodern: „Aus der Aggloobersee!“ Und nicht romantisch „Aus dem Oberland“.

Ennet unserem Bahndamm führt der Bauer mit modernstem Gerät die Gülle aus, auf dass sein Vieh, Mutter und Kalb und Stier, wieder genug Futter finde; ennet dem Berenbach geschieht – ein bisschen weniger modern – ähnliches, wenn auch ohne Vieh: Wir aber wohnen nicht auf dem Land, sondern in der Agglomeration, auch wenn aus Hadlikon alle vierzehn Tage der Eiermann seine frischen Eier – und letzthin auch Birnen – von Haus zu Haus anbietet.

Zur Agglo Obersee gehören die zehn Gemeinden Altendorf, Bubikon, Dürnten, Eschenbach, Feusisberg, Freienbach, Lachen, Rapperswil-Jona, Rüti und Wollerau in den Kantonen St. Gallen, Schwyz und Zü­rich. Die Agglo vereint somit uralte Feinde. Im alten Zürichkrieg (1440 – 1450 um die Erbschaft der Grafen von Toggenburg) zwischen unter anderem den Schwyzern und den Zürchern kamen Heer und Marine zum Einsatz!

Laut „Agglomerationsprogramm Obersee“ vom Juni 2007 – zu finden auf www.aggloobersee.ch – liegt der Hauptzweck in der sinnvollen Bewältigung der Verkehrsprobleme in den beteiligten Gemeinden, vor allem, was die Enge bei Rapperswil und Hurden betrifft. Darüber hinaus finden sich aber noch folgende Themen im Programm:

  • Bildungszentrum
    Es soll geprüft werden, ob durch verstärkte Zusammenarbeit innerhalb der Agglomeration und damit über die Kantonsgrenzen hinaus, das Bildungsangebot in der Agglo verbessert werden kann zur Hebung der Lebensqualität. Das gefällt mir sehr gut!
  • Projekt „Sport“: Sanierung und Ausbau des Eisstadions in Rapperswil. Das dürfte unsere kleinen Landhockeyaner freuen und eventuell den EHC-Dürnten wieder beleben.
  • Weiterführung des Kulturpreises Obersee und Beteiligung weiterer Gemeinden an der Sanierung der Insel Ufenau. Soviel liest man unter dem Stichwort „Kultur“.
  • Sicherheit: Ausbau des Rettungsstützpunktes Rüti.

Nach wie vor würzt zum Glück die Gülle unsere Eschberger Aggloluft!

Übrigens: Eine schöne Darstellung zum Thema Stadt-Land in der Schweiz findet sich im faszinierenden Buch „Atlas der politischen Landschaften. Ein weltanschauliches Porträt der Schweiz“ von Michael Hermann und Heiri Leuthold im Hochschulverlag AG an der ETH Zürich. Zürich, 2003.

Ich zitiere aus dem Vorwort: „Dieser Atlas zeigt ein weltanschauliches Bild der Schweiz, bei dem auf Basis von fast 200 eidgenössischen Volksabstimmungen die wichtigsten politischen Grundkonflikte aufgedeckt wurden – und mit ihnen die regionalen Unterschiede von Einstellungen, Werten und Mentalitäten. Gefunden haben wir dabei eine facettenreiche mentale Topografie. … So unterscheidet sich die typische Weltanschauung von Stadt- und Landbevölkerung, und in den Agglomerationen des Schweizer Mittellands hat die Bevölkerungswanderung eine Vielzahl räumlich getrennter mentaler Milieus entstehen lassen … Der moderne Mensch sucht sich das zu seinen Werten und Lebensstilen passende Wohnumfeld oder wird aus finanziellen Gründen daraus verdrängt.“

Eine sehr empfehlenswerte Lektüre!