Ein schröckliches gedicht zur unzeit

Am stammtisch dreht sich eine weile das gespräch um das feuilleton der NZZ und im besonderen um Paul Jandl, nicht verwandt mit dem weit berühmteren Ernst Jandl. Zu hause blättere ich ein bisschen in Ernst Jandls lyrik und finde dieses wirklich eindrückliche gedicht:

waunsas wissen woiz   sei greiz
woraus hoez   und bei an jedn hommaschlog
hods eam grissn   und gschrien hoda
wauns es ned von söwa   gwusd haum solz

Peter von Matt hat in seinem buch «Wörterleuchten» einen grossartigen, kurzen essay darüber geschrieben, hat die lautmalerischen qualitäten des gedichts hervorgehoben und hat auf den Dadaismus und auf Wittgensteins kippfiguren hingewiesen – auch wenn man dann weiss, was da steht, soll man den lautmalerischen ursprung nie vergessen!

Angesichts all der nächtlichen kunstlichterflut, der überwältigenden, kitschigen werbung rund um weihnachten, wo religion, wo Jesus schlicht und einfach verschwinden, emfinde ich Jandls karfreitags-aufschrei als notwendiges gegengift. Jandls eigene transkription lautet nämlich:

wenn ihr es wissen wollt sein kreuz
war aus holz und bei jedem hammerschlag
hat es ihn gerissen und geschrien hat er
wenn ihr es nicht von selbst gewusst haben sollt

Erste und letzte zeile sind laut von Matt „stammtischsätze“.

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