Wenn es Nacht wird im Eschberg …

… Steh ich am Herd, brate geschnetzeltes Kalbfleisch kurz an, würze es und stelle es warm, brate die klein geschnittenen Champignons und schliesslich die Kalbsniere und serviere alles an feiner Rahmsauce. Wegen der Niere bereite ich mir oft das Zürcher Geschnetzelte zu Hause zu. Fast kein Wirt wagt es noch, sie zu servieren. Dabei macht genau diese Mischung aus feinem, teurem Zürichberg-Kalbfleisch und deftiger, billiger Niere von jenseits der Sihl die soziologisch-politische Qualität dieses Gerichts aus, schreibt Hugo Loetscher in seinem dieses Jahr posthum erschienen Buch „War meine Zeit meine Zeit“.

… Fahren wir ans Schauspielhaus in Zürich und hören Niklaus Wirth zu, dem grand old man der Schweizer Informatik, Erfinder von Pascal, Modula und Oberon, der von den Technikern, Ingenieuren und Informatikern mehr Sorgfalt und präziseres Arbeiten wünscht und von uns allen mehr Bescheidenheit. In den Schulen müsse viel mehr Naturwissenschaften und Mathematik gelehrt werden, da seien die meisten beinahe Analphabeten! Jedermann navigiere heutzutage mit GPS ohne zu verstehen, welche Gleichungen von Einsteins Relativitätstheorie dafür sorgten, dass wir präzise den Zielort fänden. – Wir fanden spätnachts den Nachhauseweg in den Eschberg ohne Einstein.

… Schalten wir die TV an und sehen uns die Aufzeichnung einer Sternstunde Philosophie an, in der Umberto Eco plaudert. Sie kennen ihn, den Autor von „Im Namen der Rose“. Ein dicker Schmöker! Sein dünnes Büchlein „Derrick oder die Leidenschaft für das Mittelmass“ gefällt mir da besser. Sehr hübsch darin ist „Ein neuer Heiliger Krieg: Mac gegen DOS“. Während der Plauderei fällt der Satz: Tiere lachen nicht, nur der Mensch lacht. Ich weiss nicht: Im Kaltbrunner Ried habe ich zwei Füchse beobachtet, die während einer guten Stunde mit trockenen Schlammstücken spielten wie Katzen, sie in die Luft warfen, ihnen nach sprangen, sie sich wegschnappten – von weitem meinte ich, ihr Lachen zu hören.

… Werfen wir die Würfel aus dem Becher: Fullhouse! Und erinnern uns an die Erläuterung von Klaus Bartels zum lateinischen alea iacta est, das meist mit „die Würfel sind gefallen“ interpretiert wird. Dabei sagte Caesar, als er den Rubikon überschritt, „die Würfel sind geworfen“ im Sinne von: Man kann nicht mehr zurück, mal sehen, ob es Sieg oder Niederlage gibt, ob Fullhouse oder No pair. (Klaus Bartels: VENI VIDI VICI. Geflügelte Worte aus dem Griechischen und Lateinischen)

… Essen wir vor dem Schlafengehen ein Tomatenbrot (Rezept für 2 Personen):
4 Scheiben Weissbrot vom Vortag
2 sehr reife Tomaten
2 EL Olivenöl
Salz
Tomaten halbieren und mit der Schnittfläche jeweils auf einer Scheibe Brot verreiben, so dass Kerne und Fleisch vom Brot aufgesogen werden und nur die Schale übrig bleibt.
Die feuchten Brote salzen und mit Olivenöl beträufeln; das Brot am Rand zusammendrücken und wieder loslassen, damit sich das Öl besser verteilt.
Quelle: Manuel Vázquez Montalban: Unmoralische Rezepte. Illustriert. Piper. 2001
Was daran unmoralisch sein soll, müssen Sie halt im Buch nachsehen und nachlesen.

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